
Zuviert sind wir – Barbara aus Trient, Lucinda aus der Schweiz, Ricardo aus Agrigent und ich – heute Morgen um 5 Uhr aufgebrochen. Bald merkte ich, dass ich hier mit angezogener Handbremse fahre und habe mich von den anderen verabschiedet. Sie wollten nur nach Montefiascone, während ich versuchen wollte, Viterbo zu erreichen.

Über dem Torbogen steht: 100 km bis zum Grab des Hl. Petrus. Über die Via Francigena wird es etwas weiter sein, aber Rom rückt näher!
Dieser Torbogen steht in Montefiascone. Auch diese Stadt – vor allem die Altstadt – ist wie an den steilen Berg geklebt. Ich lief die steile historische Hauptgasse hoch und besichtigte den Dom Santa Margherita mit seiner riesigen achteckigen, mit Fresken ausgeschmückten Kuppel. Danach gönnte ich mir meine Frühstückspause. Dann bestieg ich den Burgberg „Rocca dei Papi“, den Zufluchtsort der Päpste, von dessen herrlichem Park man eine wunderschöne Aussicht hat.
Beim Hinabsteigen ins Tal traf ich einen jungen Deutschen, der ein Jahr in Rom verbracht hatte und sich jetzt auf der Via Francigena langsam und Schritt für Schritt von Rom zurückziehen und verabschieden wollte. Dann stieg ich ins Tal hinab und verpasste leider im Dahintrotten einen Abzweig. Plötzlich befand ich mich wieder auf der SR 2, der „Cassia“, der Straße nach Rom. Da mir für eine Umkehr der Umweg zu groß war, blieb ich auf der „Cassia“. Leider wurde der Verkehr, je näher ich Viterbo kam, immer dichter. Aber jetzt musste ich durch! Es gab keine Möglichkeit abzubiegen. Der viele Verkehr war nervig, aber der Weg auf der „Cassia“ hatte doch drei Vorteile: 1. ich war sehr schnell in Viterbo, 2. ich traf dort Pietro, einen seit einer Woche pensionierten Softwareanalysten aus Mailand, und 3. meine Schuhe, die inzwischen ziemlich durchgelaufen sind, dankten mir den Verzicht auf das Laufen über Schotterwege.
Pietro war, als wir uns trafen, gerade dabei, beim Convento dei Capuccini ein Quartier zu bestellen. Er bestellte für mich mit, und so hatte ich ein sehr schönes Zimmer in einer wunderschönen Gartenanlage etwa einen Kilometer außerhalb des Zentrums von Viterbo.

Am Nachmittag erkundete ich gemeinsam mit Pietro die Altstadt von Viterbo. Hier fanden lange Zeit die Päpste Zuflucht. Auch Viterbo, gleichzeitig die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, hat eine sehr sehenswerte Altstadt.

Auf die Frage, warum er pilgere, antwortete Pietro, dass er gerade in einer Umbruchphase sei. Er sei seit einer Woche in Pension, und sein bester Freund Michele sei im Juni gestorben, was ihm sehr nahe gehe. Ich erzählte ihm, dass ich eine ähnliche Erfahrung gemacht hatte, als mein Freund, der wie er Peter geheißen hat, gestorben ist. Dann fiel mir ein Bild aus der Kirche Sacra San Michele, auf das mich Eckhard aufmerksam gemacht hatte, ein. Darauf ist zu sehen, dass eine Reihe von Michaelsklöstern von Irland über England, Frankreich (Mont St Michel), Italien (Sacra San Michele), Süditalien, Griechenland und Jerusalem, alle auf einem Berg, auf einer Linie liegen. Ich schickte ihm das Bild.

Darüber war er ganz begeistert, vor allem, als ich ihm noch vorschlug, jetzt, da er in Pension sei und Zeit habe, diese Klöster – im Gedenken an seinen Freund Michele – doch einmal aufzusuchen. Er meinte, dass er mich getroffen habe, sei für ihn wie ein Zeichen seines Freundes.
Nach einem sehr leckeren Pilgerabendessen zogen wir uns in unseren Convento zurück.
33 km, 409 m Auf-, 376 m Abstieg